Mittwoch, 11. März 2015

Halbzeit

Hallo ihr Lieben,

die Zeit fliegt und ehe man sich versieht ist schon Halbzeit.
Auch wenn noch ein paar Monate vor mir liegen, beschäftigt mich der Gedanke an den Abschied in letzter Zeit immer öfter. Mir sind die Kids und auch meine lieben Mitbewohner so ans Herz gewachsen, dass ich mir gar nicht vorstellen will wie der Abschied sein wird.

Total bewusst ist mir das letzte Woche auf dem Zwischenseminar in Südafrika geworden.
Einerseits ein schöner Anlass, um Freunde wiederzusehen. Andererseits auch etwas bedrückend, da mir gerade in dieser Zeit bewusst geworden ist wie schnell das vergangene halbe Jahr umgegangen ist und wie schnell dann wohl die restlichen Monate vergehen werden.

Das Seminar fand auf einer schönen Farm ca zwei Stunden von Kapstadt entfernt mitten im Nirgendwo statt.


Auch, wenn es mir oft so vorkam, dass bestimmte Sachen ohne Sinn besprochen oder vorbereitet wurden, war das Seminar doch teilweise sehr interessant. Hauptsächlich ging es um die Reflektion der vergangen Monate. Sonst eigentlich nie ganz allein, gab das Seminar einem eine gute Möglichkeit, sich endlich mal konzentriert Gedanken über seine Zeit zu machen. Eine Nacht, die wir ganz allein im Freien verbringen sollten, bat sich da besonders gut an und zeigte mir auch, dass ich eigentlich doch mehr kann als ich mir immer zutraue.
Für mich persönlich hat das Seminar jedoch bewirkt, dass ich mich immer mehr frage, ob ich mich für die richtige Dienststelle entschieden habe. Schon vorher hatte ich immer öfter kleinere Zweifel, doch als ich dann gehört und gesehen habe wo die anderen Freiwilligen so arbeiten, hat sich das ganze noch verstärkt.

Da ich die Tage nach dem Seminar noch in Kapstadt bei Freunden verbracht habe, bot sich mir auch die Gelegenheit mit zwei Leuten in ihre Educares (Kindergärten) mitzugehen.
Diese befinden sich alle in Kapstadts Townships und sind so ganz anders als die Kindergärten, die man so von Zuhause kennt. Zum Teil befinden sie sich in kleinen Steinhäusern oder Blechhütten. Viele haben nur einen Mini Außenbereich. In vielen Kindergärten gibt es nur sehr wenig Spielzeug...und trotzdem wirken die Kinder glücklich.

Der erste Kindergarten, den ich besucht habe, liegt in Khayelitsha. Das schwierige hier ist, dass eigentlich alle Kinder nur Xhosa sprechen und so die Kommunikation fast gar nicht möglich ist. Und trotzdem war die Atmosphäre sehr schön und es war toll wie sich die Kinder mit "Teacher Teacher, Shap" auf einen gestürzt haben und kuscheln wollten.
Noch besser hat mir aber der zweite, muslimische, Kindergarten gefallen. Dieser ist mit ca. 20 Kindern recht klein, ziemlich familiär und befindet sich im Wohnhaus der Principal.  Außerdem können die Kinder alle Englisch sprechen. Was ich dort toll fand war wie die Kinder in der Lage waren sich mit ganz wenig so genügsam, brav und voller Freude selbst zu beschäftigen und wie liebevoll die Erzieherinnen mit den Kindern umgehen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich hier ein bisschen wie im Paradies gefühlt und den Tag sehr genossen habe. Danach war ich einfach glücklich - die Kinder waren einfach so unglaublich goldig.

Nicht ohne Grund habe ich mich bei meiner Wahl für Afrika entschieden, doch Windhoek und besonders die Waldorfschule fühlen sich so gar nicht afrikanisch an. Ich will mich aber gar nicht beschweren, denn eigentlich war oder hätte es mir auch vorher bewusst sein sollen, dass hier Deutsch gelernt wird (auch, wenn ich persönlich das als nicht ganz so sinnvoll ansehe, da die Kinder bereits mit mindestens drei anderen Sprachen aufwachsen. Daraus folgt, dass kaum jemand eine Sprache perfekt beherrscht, sondern alle nur so lala).
Darüber hinaus stört mich sehr wie unzufrieden (und oft auch undankbar) die meisten (vor allem älteren) Kinder hier sind. Ich habe oft das Gefühl, dass alle zwanghaft nach einem Grund suchen, um zu meckern und sich gegen irgendwen zu verbünden. Viele Kinder wissen gar nicht wie gut es ihnen eigentlich geht...

Als Fazit aus den zwei Besuchen habe ich gezogen, dass mir eine Arbeit im Township oder wenigstens an einem Ort, wo man wirklich gebraucht wird und nachhaltig etwas ändern kann wohl besser gefallen hätte - ob im Kindergarten, in der Schule oder auch eben im Hostel.

Was nicht heißt, dass es mir in Namibia nicht auch gut gefällt. Ich fühle mich schon wohl. Wir haben einen guten Draht zu den Kindern und ich liebe, dass ich die Kinder und all ihre Eigenheiten so gut kenne. Und zu guter Letzt weiß ich auch sehr zu schätzen, wie Namibia mich schon geformt und verändert hat - zum positiven! Wer mich kennt weiß, dass nichts ohne Grund passiert...ich bin wahrscheinlich schon richtig hier. Außerdem; als Außenstehender sieht ja sowieso alles andere immer besser aus als das, was man selbst hat - wer weiß wie zufrieden ich letztendlich in einer anderen Dienststelle wäre.

Und auch, wenn ich im Moment einen kleinen Durchhänger habe und etwas unzufrieden bin, weiß ich doch, dass es mir hier gut geht. Nach der Woche, in der wir gefehlt haben, war es wirklich schön zurückzukommen, denn alle haben uns unglaublich freudig begrüßt und haben uns (unerwarteterweise) gezeigt, dass man selbst und seine Arbeit doch gesehen und geschätzt wird. Es sind halt die kleinen Gesten, die einem am meisten geben.

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